Klageverfahren

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Was ist ein Klageverfahren?

Ein Klageverfahren, auch streitiges Verfahren genannt, ist ein formelles gerichtliches Verfahren, das dazu dient, einen strittigen Anspruch zwischen einem Kläger und einem Beklagten rechtlich zu klären und eine verbindliche Entscheidung durch ein Gericht zu erzielen. Im Kontext des gerichtlichen Mahnverfahrens wird ein Klageverfahren notwendig, wenn der Schuldner der Forderung widerspricht.

Wie läuft ein Klageverfahren ab?

1. Widerspruch oder Einspruch

Das Klageverfahren beginnt, wenn der Schuldner im Rahmen des gerichtlichen Mahnverfahrens Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegt. Diese Rechtsmittel setzen den Mahnprozess aus und führen zur Überführung in ein streitiges Verfahren.

2. Überführung in das streitige Verfahren

Nach dem Widerspruch (nur bei Beantragung) oder Einspruch (automatisch) wird das Verfahren in ein streitiges Klageverfahren überführt. Das zuständige Gericht prüft den Fall und leitet die notwendigen Schritte ein, um den Rechtsstreit formell zu behandeln.

3. Zuständiges Gericht

  • Forderungen bis 5.000 Euro: Bei Forderungen unter 5.000 Euro bleibt der Fall in der Regel beim Amtsgericht. Theoretisch kann der Gläubiger hier das Verfahren selbst führen, wenn er über entsprechendes Know-how verfügt. Dennoch wird in den meisten Fällen die Einschaltung eines Anwalts empfohlen, um die Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang zu erhöhen.

  • Forderungen über 5.000 Euro: Bei Forderungen über 5.000 Euro wird das Verfahren an das Landgericht übergeben. Hier besteht Anwaltszwang, das heißt, der Kläger muss sich durch einen Anwalt vertreten lassen.

4. Einreichung der Klage und Klagebegründung

Der Kläger (Gläubiger) reicht eine Klageschrift beim zuständigen Gericht am Sitz des Schuldners ein. In der Klageschrift werden die strittige Forderung und die Begründung detailliert dargelegt. Das Gericht stellt die Klageschrift dem Beklagten (Schuldner) zu.

5. Gericht legt weiteres Vorgehen fest

Das Gericht entscheidet, ob das Verfahren schriftlich oder mit einer mündlichen Verhandlung fortgesetzt wird:

  • Schriftliches Vorverfahren: Das Gericht setzt dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung. Der Beklagte muss innerhalb dieser Frist schriftlich auf die Klage reagieren.

  • Früher erster Termin: Das Gericht kann auch einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung ansetzen und dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung setzen. In 99% der Fälle werden die Parteien durch Rechtsanwälte vertreten.

6. Versäumnisurteil

Wenn der Beklagte die Frist zur Klageerwiderung nicht einhält, kann das Gericht ein Versäumnisurteil erlassen. Dieses Urteil führt dazu, dass der Kläger einen vollstreckbaren Titel erhält, ohne dass eine weitere Verhandlung stattfindet.

7. Streitige Verhandlung

Wird der Fall streitig verhandelt, kann das Verfahren verschiedene Fortgänge nehmen:

  • Zeugen laden und Beweisaufnahme: Das Gericht kann Zeugen laden und Beweise aufnehmen. Wenn die Erwiderung des Beklagten als unerheblich angesehen wird, kann das Gericht jederzeit eine Entscheidung treffen.

  • Schriftliches Verfahren: Im deutschen Prozessrecht wird der Fall oft umfassend schriftlich behandelt, anders als in angelsächsischen Ländern. Die Parteien legen ihre Standpunkte schriftlich dar. Wenn der Beklagte sich verteidigt, muss das Gericht irgendwann einen Termin zur mündlichen Verhandlung ansetzen (Verteidigungsanzeige).

  • Mündliche Verhandlung: Bei Streitwerten unter 600 Euro kann das Gericht das Verfahren auch komplett schriftlich abwickeln (§ 495a ZPO). Ansonsten findet eine mündliche Verhandlung statt, in der die Anwälte ihre Argumente vortragen und verteidigen.

8. Urteilsverkündung

Nach der mündlichen Verhandlung entscheidet das Gericht über den Fall. Das Urteil kann sofort verkündet oder zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich mitgeteilt werden. Das Urteil ist für beide Parteien bindend.

9. Vollstreckung des Urteils

Wenn das Gericht zugunsten des Klägers entscheidet, erhält dieser einen vollstreckbaren Titel, der es ihm ermöglicht, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, um die Forderung einzutreiben. Dies kann z.B. die Pfändung von Vermögenswerten des Beklagten umfassen.

Welche Kosten entstehen bei einem Klageverfahren?

Ein Klageverfahren kann mit verschiedenen Kosten verbunden sein. Diese setzen sich hauptsächlich aus Gerichtskosten, Anwaltskosten und eventuellen weiteren Auslagen zusammen. Hier sind die wichtigsten Kostenpunkte im Detail:

1. Gerichtskosten: Die Gerichtskosten sind gesetzlich geregelt und richten sich nach dem Streitwert, also dem Wert der Forderung. Sie setzen sich aus folgenden Positionen zusammen:

  • Gerichtsgebühren: Diese werden bei der Einreichung der Klage fällig und sind in der Kostenordnung (GKG) festgelegt. Je höher der Streitwert, desto höher die Gerichtsgebühren. Die Gebühren werden in sogenannten Gebühreneinheiten berechnet.

  • Auslagen des Gerichts: Dazu gehören Kosten für die Zustellung von Schriftstücken, Gebühren für die Ladung von Zeugen und Sachverständigen sowie sonstige Auslagen des Gerichts.

2. Anwaltskosten: Die Anwaltskosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und ebenfalls nach dem Streitwert. Sie umfassen:

  • Verfahrensgebühr: Diese fällt für die gesamte anwaltliche Tätigkeit im Verfahren an.

  • Terminsgebühr: Diese wird für die Vertretung des Mandanten in der mündlichen Verhandlung erhoben.

  • Einigungsgebühr: Diese kann anfallen, wenn das Verfahren durch einen Vergleich beendet wird.

  • Auslagenpauschale: Eine Pauschale für Auslagen des Anwalts, z.B. für Porto und Kopien.

3. Weitere mögliche Kosten:

  • Kosten für Sachverständige und Zeugen: Falls das Gericht Sachverständige oder Zeugen hinzuzieht, müssen deren Gebühren und Entschädigungen bezahlt werden. Diese Kosten trägt zunächst die Partei, die die Beweisaufnahme beantragt hat.

  • Reisekosten: Falls der Anwalt oder die Parteien reisen müssen, um am Verfahren teilzunehmen, können Reisekosten anfallen.

  • Kosten für die Zwangsvollstreckung: Sollten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen notwendig werden, fallen zusätzliche Kosten für den Gerichtsvollzieher und die Durchführung der Vollstreckung an.

Wer trägt die Kosten?

  • Grundsatz: Der Verlierer des Verfahrens trägt in der Regel die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Gerichts- und Anwaltskosten der Gegenseite. Dies ist im Zivilprozessrecht festgelegt (§ 91 ZPO).

  • Teilweiser Erfolg: Wenn beide Parteien teilweise gewinnen und verlieren, kann das Gericht die Kosten anteilig verteilen.

Wie lange dauert ein Klageverfahren?

Die Dauer eines Klageverfahrens kann stark variieren, von wenigen Monaten bei einfachen Fällen bis zu mehreren Jahren bei komplexen Rechtsstreitigkeiten. Die genaue Dauer hängt von der Komplexität des Falls, der Arbeitsbelastung des Gerichts und dem Verhalten der beteiligten Parteien ab.

1. Einreichung der Klage und Zustellung (2-4 Wochen):

  • Der Kläger reicht die Klageschrift beim zuständigen Gericht ein.

  • Das Gericht prüft die Klageschrift und stellt sie dem Beklagten zu.

  • Dieser Prozess dauert in der Regel etwa 2 bis 4 Wochen.

2. Klageerwiderung des Beklagten (4-6 Wochen):

  • Nach Zustellung der Klage hat der Beklagte eine Frist zur Klageerwiderung, die vom Gericht festgelegt wird, meist 4 bis 6 Wochen.

  • Der Beklagte muss innerhalb dieser Frist auf die Klage reagieren und seine Verteidigung darlegen.

3. Vorbereitung der mündlichen Verhandlung (2-6 Monate):

  • Das Gericht legt einen Termin für die mündliche Verhandlung fest.

  • Beide Parteien können weitere Beweise vorlegen und Zeugen benennen.

  • Diese Phase kann 2 bis 6 Monate dauern, abhängig von der Komplexität des Falls und der Verfügbarkeit der Parteien und Zeugen.

4. Mündliche Verhandlung und Urteilsverkündung (1 Tag bis mehrere Monate):

  • Die mündliche Verhandlung selbst dauert meist nur einen Tag.

  • Das Gericht kann das Urteil direkt im Anschluss an die Verhandlung verkünden oder zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich mitteilen.

  • Die schriftliche Urteilsverkündung kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

5. Gesamtdauer des Klageverfahrens (6 Monate bis mehrere Jahre):

  • Ein einfaches Verfahren kann in etwa 6 bis 12 Monaten abgeschlossen sein.

  • Komplexere Verfahren oder solche mit umfangreicher Beweisaufnahme, vielen Zeugen oder Sachverständigen können 1 bis 3 Jahre oder länger dauern.

  • Berufungsverfahren und andere Rechtsmittel können die Dauer zusätzlich verlängern.

Faktoren, die die Dauer beeinflussen können:

  • Komplexität des Falls: Je komplexer der Fall und je mehr Beweise und Zeugen involviert sind, desto länger dauert das Verfahren.

  • Arbeitsbelastung des Gerichts: Überlastete Gerichte können längere Bearbeitungszeiten haben.

  • Verhalten der Parteien: Verzögerungen können durch Anträge auf Fristverlängerung, umfangreiche Beweisaufnahmen oder taktische Verzögerungen der Parteien entstehen.

  • Rechtsmittel: Berufungen und Revisionen können das Verfahren erheblich verlängern.

Eine frühzeitige und sorgfältige Vorbereitung sowie eine enge Zusammenarbeit mit einem Anwalt können dazu beitragen, den Prozess zu beschleunigen und die Dauer zu minimieren.